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Die Turmuhr der St. Josephs Kirche in Obersorpe

Ein Mahnmal zeigt die Zeit

Die St.-Josephs-Kirche in Obersorpe ist aus mehreren Gründen so bemerkenswert, dass sie unter Denkmalschutz steht – und das, obwohl sie für einen Kirchenbau in dieser Region relativ jung ist. Durch ihren markanten Standort ist der trutzige Bruchsteinbau schon von weitem gut zu sehen. Beim Näherkommen fällt die besondere Turmuhr auf: Statt Ziffern trägt sie Namen von Soldaten, die im ersten Weltkrieg ums Leben kamen.  Ein ungewöhnliches Mahnmal an einem prominenten Platz.

Lange war der christliche Glaube für die Menschen in Obersorpe mit Anstrengung verbunden: Weil sie keine eigene Kirche hatten, mussten sie bis zu 1,5 Stunden zu Fuß gehen, um in Oberkirchen am Gottesdienst teilzunehmen. Nur für besondere Messen oder das Sterbesakrament kam der Pastor nach Obersorpe. Endlich wurde hier 1896/97 eine eigene Kirche errichtet. Wegen der geringen finanziellen Mittel von nur 1700 Mark erbrachte die Gemeinde vieles in Eigenleistung. Als nach dem 1. Weltkrieg 1918 neue Glocken angeschafft werden mussten (44 % der deutschen Glocken waren für Waffen eingeschmolzen worden), beschloss die Gemeinde, zunächst in die Turmuhr zu investieren: Sie sollte an die im Krieg getöteten Soldaten aus dem oberen Sorpetal erinnern. 1929 wurde die Turmuhr mit den 12 Namen feierlich eingeweiht. Damals musste sie noch einmal wöchentlich aufgezogen werden, mittlerweile wurde sie auf einen elektrischen Antrieb umgestellt.

Nachdem den Obersorpern zunächst sogar gebrauchte Uhren angeboten worden waren, bekam die Firma Kanngießer & Sohn aus Hildesheim den Auftrag, die Uhr zu bauen. Firmengründer Joseph Kanngießer kam zur persönlichen Besprechung. Für Uhr und Gestaltung des Ziffernblatts machte er ein Angebot über 1233 Reichsmark.  Das Blatt ist ein Quadrat mit einer Seitenlänge von 2 Metern. Anstelle der Ziffern befinden sich 12 aufgemalte Gedenktafeln von je 40 cm Durchmesser. Sie tragen die Vornamenintiale, den Nachnamen und das Todesdatum des jeweiligen Soldaten. Die Gedenktafeln sind durch viereckige Minutenpunkte verbunden. In den Ecken des Ziffernblatts steht „Sie starben | im Weltkrieg | 1914 | 1918“.  Im ursprünglichen, korrigierten Entwurf war „Sie starben für uns“ vorgesehen gewesen. Die Zeiger symbolisieren Schwert und Lorbeerblatt für Macht und strafende Gerechtigkeit. Zeiger und Aufschriften sind mit 23-karätigem Blattgold schwer vergoldet.

Die Gemeinde Obersorpe verdankt ihre Kirche samt Turmuhr einem bemerkenswerten Gemeinschaftsgefühl. Zwölf Männer aus der Gegend waren nach ihrem Einsatz als Soldaten nicht aus dem 1. Weltkrieg zurückgekehrt. Jahrelang hatten vor allem junge Männer Geld für ein Kriegerdenkmal gesammelt. Nur die Art der Ehrung stand zunächst nicht fest. Schließlich einigte man sich auf eine vergoldete Turmuhr als Andenken. Der Schützenverein sicherte zu, auch künftig für Reparaturen aufzukommen und stiftete zusätzlich eine Bronzetafel, Steinstufen unter der Tafel und einen Zaun.  Bei der feierlichen Einweihung der Uhr trugen 14 schwarzgekleidete Mädchen Kränze, zwei weißgekleidete „Jungfrauen“ schritten mit Palmenzweigen nebenher, es folgten „Jünglinge“, Ehrengäste und der Schützenverein. Mit Gebeten, Musik, Vorträgen und Kaffeetrinken wurde die Feier zu Ehren der Toten und ihrer Uhr ein Fest für das ganze Sorpetal.

Wenn unsere Uhr wird melden Dir, Wanderer die Zeit, So denk der toten Helden; Sie fielen einst im Streit.  Auch Dir wird einst sie künden Die Stund‘ zum letzten Streit; Mög’st Gottes Gnad‘ denn finden Und ew’ge Seeligkeit.

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Aus dem Nähkästchen geplaudert...

 

Die Geschichte von der besonderen Uhr machte eine erstaunlich weite Runde. Für einen Mann aus dem benachbarten Rehsiepen war sie nach dem 2. Weltkrieg ein unerwarteter Gruß aus der Heimat. Er war in ukrainischer Gefangenschaft, als er in der dortigen Zeitung ein Bild des heimischen Uhren-Mahnmals entdeckte. Die Überschrift des Artikels lautete „So ehrt Deutschland seine Gefallenen“.

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