Station 14
Kloster Grafschaft
und der sagenumwobene Wilzenberg
Informationspunkt:
- Aussichtspunkt im Park am Zehnhofweg: Sicht auf Wilzenberg und Kloster Grafschaft
Wilzenberg
Die Siedlungsspuren im Schmallenberger Sauerland reichen bis ins vorchristliche Jahrtausend zurück: Auf dem Wilzenberg zeugen Waffenfunde und Überreste einer Wallburg von über 2000 Jahre alten Siedlungsspuren. 1633 wurde hier eine Wallfahrtskapelle gebaut, 1891 der 17 Meter hohe eiserne Wilzenbergturm.
Kloster Grafschaft
Am Fuße des Wilzenberges gründete 1072 der Kölner Erzbischof Anno II. die Benediktinerabtei St. Alexander, meist bezeichnet als Kloster Graftschaft. Das Kloster gehörte zu den cluniazensischen Reformklöstern und war ein bischöfliches Eigenkloster: Es blieb politisch vom Erzbischof abhängig und stabilisierte und sicherte damit die Herrschaft der Kölner Erzbischöfe im Sauerland. Im 12. Jahrhundert prosperierte es und beherbergte bis zu 80 Brüdern. Aus dieser Zeit sind einige kunstvolle und bemerkenswerte Handschriften erhalten. Im 13. und 14. Jahrhundert nahm ein weltlicher Lebensstil unter den Mönchen und Äbten zu, die Klosterhöfe wurden nicht mehr selber bewirtschaftet, sondern verpachtet. 1304 beschränkte der Erzbischof die Zahl der Mönche auf 24, um das wirtschaftliche Überleben des Klosters zu sichern.
Das Kloster spielte eine wichtige Rolle bei der Stadtgründung Schmallenbergs, da es sich an den Kosten der Errichtung der Stadtmauer beteiligte. Es unterhielt in der Folge in der Stadt eine Lehnskammer und Zehntscheuer (heutiger Zehnthofweg). Mit dem Aufschwung der Stadt kam es immer wieder zu Konflikten mit dem Kloster: Vor allem das Recht zur Besetzung der städtischen Pfarrstelle war umstritten, aber auch das Nutzungsrecht an den umliegenden Wäldern, die Weide-, Jagd- und Fischereirechte. Nach 1507 verschärfte sich das Problem, als das Kloster in der Stadt nicht mehr Weltgeistliche einsetzte, sondern vermehrt Ordensbrüder.
Aufschwung in der frühen Neuzeit
Im Jahre 1507 umfasste das Kloster nur noch sieben Mönche; der Erzbischof leitete deshalb 1508 eine Reform ein: Mönchisches Leben und wissenschaftliches Studium sollte gefördert werden. Die Mönche stammten nun vermehrt auch aus bürgerlichen und bäuerlichen Familien, nicht mehr ausschließlich aus dem Adel. Um 1600 waren es rund 10 Mönche. Da die agrarischen Einkünfte des Klosters knapp wurden, begannen sich die Mönche Ende des 16. Jahrhunderts dem Eisengewebe zu widmen: Sie verpachteten Eisenhämmer an Sorpe und Lenne und führten selber Aufsicht und Buchhaltung. Diese Arbeit verschaffte beachtliche Einkünfte, zumal der nötige Rohstoff Kohle in den eigenen Wäldern vorhanden war. Eine erneute Reform der Klosterverwaltung ab 1612 (durch Abt Gabel Schaffen) – finanzielle Neuorganisation, Strukturierung des Tagesablaufs, Erweiterung der Bibliothek – führte zu einem Aufschwung, der sich in neuer Bautätigkeit niederschlug: Errichtet wurden neue Wirtschaftsgebäude, ein Krankenhaus und 1626 eine Kapelle. Dazu wurde den Äbten von Rom das Recht verliehen, eine Mitra zu tragen.
Mit der Stadt Schmallenberg kam es durch die stärkere Hinwendung zur Seelsorge zu Konflikten: 1673 brach zwischen dem Abt des Klosters und den Bürgern ein Streit aus um die Besetzung der Pfarrstelle und der Pastoratsgüter außerhalb der Stadt, bei welchem 1683 das Kloster den Sieg davontrug (es erhielt das uneingeschränkte Patronatsrecht). Aus der seit Ende des 17. Jahrhunderts geführten Klosterchronik geht hervor, dass die Mönche verschiedene Ämter ausübten, darunter auch den Unterricht in Dorfschulen.
1729 bis 1742 erfolgte der Bau des neuen, heute noch vorhandenen Klosters, 1738-1743 der Neubau der Kirche. Die Wirtschaftsgebäude wurden 1765 und 1787 errichtet. Die neugebaute dreischiffige Hallenkirche galt als schönste Kirche des kurkölnischen Sauerlandes. Südlich der Kirche schloss sich ein Kreuzgang an, westlich der Kirche die Wohnung des Abtes (angegliedert ein Archiv sowie im Keller eine Brauerei und Schnapsbrennerei!). Im 18. Jahrhundert wies das Kloster zwischen 30 und 50 Mönche auf.
Säkularisierung
Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) stark beschädigt und geplündert, da der Kölner Bischof Frankreich im Kampf gegen Hessen und Preußen unterstützte, wurde das Kloster 1804 säkularisiert: Die Mönche mussten es verlassen. Zunächst in hessischen, dann preußischem Staatsbesitz, kauften es 1827 die Freiherrn von Fürstenberg, in dessen Besitz es (ohne die umliegenden Wälder) heute noch ist. Die barocke Kirche wurde 1832 abgerissen; die landwirtschaftlichen Güter weiter genutzt.
1948 pachtete die Ordensleitung der Borromäerinnen, die aus Schlesien geflüchtet waren, das Kloster. Sie betreiben es bis heute, zusätzlich ist im Komplex das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, eine Lungenfachklinik untergebracht, die sich aus einem 1950 eröffneten Erholungsheim für Bergleute aus dem Ruhrgebiet entwickelte.
Die Alte Mühle
Rund drei Kilometer vom Kloster Grafschaft entfernt liegt an der Lenne außerhalb der Stadtgrenzen eine zum Kloster gehörende, erstmals im 11. Jahrhundert erwähnte Mühle (Nieder- oder Klostermühle; flussaufwärts lag die Obere- oder Stadtmühle). Sie versorgte die umliegenden Bewohner mit Mehl und Öl. Nachdem ein Hochwasser 1961 den Mühlengraben zugeschüttet hatte, wurde der Mühlenbetrieb 1961 endgültig eingestellt. 1974 erwarb der Maler und Künstler Hermann Falke die Alte Mühle, renovierte das teilweise aus dem 15. Jahrhundert stammende Gebäude und richtete eine Werkstatt und Galerie ein. Heute organisiert der „Freundeskreis Kunsthaus Alte Mühle“ im denkmalgeschützten Gebäude Ausstellungen, Vernissagen und Workshops.
Klostergebäude der ehemaligen Benediktinerabtei Grafschaft.
Heutige Einfahrt (Agathator)in einer Aufnahme aus dem Jahre 1930.
Vier Äbte des Benediktinerkloster Grafschaft: Abt Liutfried 1072-1115 (oben links), Abt Josias Poolmann 1730-1742 (oben rechts), Abt Emmerich Quinken 1682-1707 (unten links), Abt Edmund Rustige 1786-1804 (unten rechts).