Station 11
Der Breybalg
eine Schmallenberger Anekdote
Informationspunk:
Kreuzung West-/Oststraße
„Vormittags um 10 Uhr, wo mehrere Bürger verreiset und ausgegangen waren, erging der Ruf Feuer; die Brandglocke wurde gezogen. Nun brach das Feuer unten in der Stadt an Stübben Haus aufm Platze aus, welches gerade das letzte Haus war und nach Südost stand. Der Wind trieb die lodernden Flammen gleich auf Hermes Gebäude und das Haus. …. Wie ein Blitz dehnt sich das Feuer aus und in wenigen Minuten sah man Vor- und Hinterschulten, auch Groetels Haus in lichten Flammen (…). Es war nicht möglich, dem Feuer bei Abgang des Wassers Widerstand zu leisten. Obschon aus den benachbarten Orten die Menschen, um Hülfe zu leisten, herbeiströmten, so konnte nichts angefangen werden, als dass Mobilien gerettet wurden; denn das Feuer wurde durch den Wind in möglichster Geschwindigkeit bis auf die Mittelstraße [heutige Weststraße von der Kirche bis zum Internatsgebäude] und Hinterstraße [nicht mehr vorhanden, westliche Parallelstraße der heutigen Weststraße] gejagt. Somit sah man die Flammen kreuzweis in den Straßen wüten, sodass keiner mehr die Straßen passieren konnte. In zwei Stunden lagen 131 Häuser mit allen Früchten, Lebensmitteln, Fourage [Viehfutter] und Mobilien im Schutte und keiner konnte mehr etwas retten. 31 Keller, welche feuerfest waren, blieben gut; alles übrige aber war zusammengestürzt, und alles, was darin war, wurde verbrannt (…)
Das erschröcklich Brausen des Windes, das Gehäule und Schnaufen der Flammen, das Geknitter der Früchte, das Krachen der einstürzenden Häuser, die aufscheingende Flamme von der vielen Fourage setzten die Bürger in die größte Furcht und Angst, und schienen ganz betäubt zu seyn. Sie hatten sich rings um die Stadt gelagert, jeder bei seinen geretteten Sachen und mussten mehrere Nächte unter freiem Himmel liegen, bis sie Aufdach in den benachbarten Dörfern fanden. Das Vieh lief auf den Feldern und Gärten ganz verworren durcheinander und brüllete unerört.“ [Dham, Franz Arnold, Chronica Schmallenbergensis, in: Schmallenberger Heimatblätter 23/1970, S. 9.]
Wie aus Feuersnot eine Jahrhunderte überdauernde Neckerei entstand …
Die Geschichte, die Schmallenberger „Breybälger“ und Fredeburger „Zemmels“ seit nun über 200 Jahren verbindet,
beginnt mit diesem Flammenmeer im Jahre 1822… Gerade die Städte früherer Zeiten, mit ihren eng aneinandergebauten Häusern aus leicht entflammbaren Materialien, wurden öfter von Feuersbrünsten heimgesucht. Schmallenberg bildete da keine Ausnahme. Am 31. Oktober 1822 kam es zum letzten großen Stadtbrand. Den verheerenden Flammen fielen nahezu alle 128 Wohn- und Wirtschaftsgebäude zum Opfer. Der mühevolle Wiederaufbau – der übrigens die prägende klassizistische Gestaltung des Stadtbildes zur Folge hatte – war das eine. Als weit drängender aber erwies sich die Notlage der Bevölkerung, denn diese war nicht allein ihrer Heimstätten beraubt, sondern auch all ihrer für den nahenden Winter eingelagerten Vorräte. Wer aber gute Nachbarn hat, der kann auf Hilfe zählen. Und so erhielten die damals 667 Schmallenberger Bürger aus den benachbarten Ortschaften das, was man dort entbehren konnte: vornehmlich Hirse, Roggen und Hafer. Dies ließ sich gut zum Anrühren von Breispeisen nutzen – eine einseitige Ernährung. Die Schmallenberger hatten zwar die schwere Zeit überstanden, entwickelten aber durch die Breie alsbald sogenannte Breibäuche: „De Schmallersken Breybälger“ waren geboren. Die Nachbarn aus Fredeburg betonen gerne, dass man genüsslich und dennoch schlank bleibend seine Semmeln – seine „Zemmels“ – esse, während die Nachbarn jenseits des Robbecker Berges ihre Breybälger zur Schau trügen.