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Pfarrhaus in Oberkirchen

Das schönste Pastorat der Gegend

Wer oft gesehen werden will, stellt sich an eine Hauptstraße. Vielleicht haben die Erbauer im 11. Jahrhundert ähnlich gedacht, als sie ein Gotteshaus direkt an der sogenannten Heidenstraße erbauten.  Dieser Handels- und Heerweg war eine viel bereiste Route. Der Pfarrhof bekam das zu spüren: Im 30jährigen Krieg von 1618-48 zogen Truppen und plündernde Horden vorbei, die das Pastorat praktisch unbewohnbar machten. Nach wirtschaftlicher Erholung und einigen Reparaturen wurde endlich ein neues gebaut: Gegenüber der Kirche entstand 1711 ein typisch sauerländischer Fachwerkbau, der heute das älteste Wohnhaus von Oberkirchen ist.

Für den Erhalt der Kirche waren die Adligen zuständig, für das Haus des Pastors die Bewohner des Kirchspiels: So war die Regelung im 17. Jahrhundert. Also sollte die Bauernschaft nach dem 30jährigen Krieg ein neues Pfarrhaus bezahlen. Die Bauernfamilien jedoch waren ebenfalls kriegsgebeutelt, so dass es bis zum Neubau eine Weile dauerte. Schließlich war es 1711 soweit, und der damalige Pfarrer Braun beschwerte sich: Er habe den nötigen Neubau hauptsächlich aus eigener Tasche bezahlen müssen. Etwas Ertrag brachten Bauteile des alten Hauses; sie wurden für 20 Reichstaler verkauft.

Laut Dokumentation war allerdings noch viel Geld in das Vorgängergebäude geflossen – ein letzter Rettungsversuch? Vor dem Abriss wurden noch Dach und Fenster repariert. Vielleicht ist das alte Pfarrhaus teilweise an einen anderen Standort gezogen. Das war eine nachhaltige Methode, wenn Menschen beim Hausbau sparen wollten, ist allerdings nicht dokumentiert.

Das Oberkirchener Pfarrhaus ist ein sauerländisches Barock-Gebäude von 1711. „Schöner als die übrigen Pfarrhäuser der Gegend“, steht in einem Bericht kurz nach der Erbauung. Das typische Fachwerk aus teergetränkten schwarzen Eichenbalken steht auf einem massiven Sockelgeschoss. Die Form beruht vermutlich auf dem Vorgängerbau, einem „ausgesprochenen Bauernhause“ wohl in Längsdeelen-Bauweise. Die Gestaltung des nach Süden gerichteten Schaugiebels deutet auf diesen Ursprung hin. In ihm fällt die 4er-Fenstergruppe auf, die erst in den 1960er Jahren ergänzt wurde. Noch in den 1930ern war der Südgiebel komplett verbrettert. Die Taubänder an den Eckständern sind sehr ursprünglich, noch ohne später übliche Abschlüsse oben und unten. Während die Traufseite nach Osten zehn Fensterachsen besitzt, ist die wetterzugewandte Westseite fensterlos und wie das Satteldach mit Schiefer gedeckt. Bis ins 19. Jahrhunderte hinein besaß das Pfarrhaus ein Strohdach.

Das Pfarrhaus ist das Wohnhaus eines ehemaligen Pfarrhofs, der auf bäuerliche Selbstversorgung ausgelegt war, denn das Einkommen von Kirchenseite reichte früher für den Pfarrer nicht zum Leben. Da sämtliche Ausgaben dokumentiert wurden, haben wir ein recht genaues Bild von damals. Die Pfarrer konnten den Hof nicht allein bewirtschaften, sie brauchten Personal. Da war z.B. der Domestik, nach dem eine Stube benannt war. 1685 lebten auf dem Pfarrhof „eine Köchin, eine Magd, ein Kuhmädchen, ein Pferdejunge.“ Das weist auf Tiere neben Schafen und Schweinen hin. Erst Mitte des 19. Jh. wurde die Pfarrbesoldung geändert; eigene Landwirtschaft war nicht mehr nötig.

Im Haus selbst sind Räume für Gäste und Gemeinde vorgesehen: Es gibt ein Büro und einen Versammlungsraum. An einen früheren Bewohner der Pfarrstätte erinnert ein historischer Tisch mit der Inschrift AB 1673. Er gehörte dem Pfarrer Bergenthal und wird heute als Volksaltar genutzt.

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Wie unterschiedlich die Möglichkeiten eines Pfarrers im Laufe der Zeit waren, zeigen Aufzeichnungen und Erinnerungen. Pfarrer Braun, Bauherr des heutigen Hauses, beklagte, dass die Bauern der Gegend ihm die Baukosten nicht zurückerstatten wollten, obwohl das doch Usus sei. 1842 hingegen beschreibt Bürgermeister Röper, Unterhaltung und Neubau liege in Verantwortung der Ein- und Beisassen des Kirchspiels: „Wie es auch nie anders geschehen ist.“ 

Die Umbauten sind über die Jahrhunderte bis zum einzelnen Nagel belegt. Der Hofbetrieb mit Feldern und Wald, Scheunen, Lagern und Ställen wurde allmählich weniger, weil er wirtschaftlich nicht mehr nötig war. Ende des 20. Jahrhunderts ritt Pfarrer Schwenke nur zum Vergnügen aus und gründete den örtlichen Reitverein. Wenn Leute ihn suchten, sollen die Nachbarn gesagt haben, man solle doch mal auf dem Reitplatz schauen. Wegen seiner kurzen Gottesdienste war er allgemein als "Pfarrer Hurtig" bekannt.

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