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Altes Forsthaus

Familienleben zwischen Schwebegiebeln

Nicht einmal ein Jahr lang dauerte der Bau des alten Forsthauses in Rehsiepen. Im Jahr 1885 zog der erste Förster aus einem heruntergekommenen Gebäude in das moderne Querdeelenhaus. 13 Förster und ihre Familien lebten und arbeiteten bis 1971 in diesem kombinierten Wohn-Wirtschafts-Gehöft. Als die Försterei dann an den Ortsrand umzog, wäre das Haus nach nur 85 Jahren beinahe abgerissen worden. Doch die heutigen Besitzer setzten es liebevoll instand und beantragten Denkmalschutz. Mittlerweile ist die gesamte Anlage inklusive Bauerngarten, Baumbestand, Weiden und angrenzender Feuchtwiesen geschützt. Sie wird von einer Stiftung unterhalten. 

Forstbau ist ein relativ junger Erwerbszweig. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts erklärte das Herzogtum Westfalen den klösterlichen Waldbesitz zum Staatsforst und führte die Forstwirtschaft ein. Vorher waren Wälder Jagdrevier und Viehweide. Bauern gewannen Bau- und Feuerholz und brannten außerdem Holz zu Asche, um damit zu düngen. Als eine Forstordnung für das Großherzogtum Hessen eingeführt wurde, änderte sich das. Nun gab es eine Verwaltung mit einem Oberforst-Kolleg in Darmstadt. Ein Unterförster bat 1806 um den Bau eines Hauses, „weil kein passendes Logis für ihn zu miethen (…) sich ihm darbot.“ 1809 war das erste Forsthaus in Mittelsorpe fertig zum Einzug. Es wurde 1886 abgerissen und in Oberkirchen wieder aufgebaut. Dort kann man es heute noch finden. Etwa zeitgleich mit dem Abriss war das erste Rehsiepener Forsthaus fertig: ein damals modernes und schlichtes Haus mit schmückenden Schwebegiebeln, gehalten von gedrechselten Pfählen.

Querdeelenhäuser waren ab den 1860er Jahren massiv gemauerte Wohn-Wirtschaftsgebäude. Alles war unter einem Dach, doch Menschen und Tiere waren durch die sogenannte Querdeele (oder Tenne) klar voneinander getrennt. Sämtliche Eingänge führen längsseitig ins Haus. Man spricht auch von traufseitig, weil die Traufen, die Tropfkanten des Dachs, hierhin verlaufen. Durch das Tor der steingepflasterten Deele passte ein hoher Wagen – ähnlich wie bei einer im Haus liegenden Garage. Den kleineren Teil des Gebäudes bildeten die Stallungen für Kühe, Pferde und Schweine. Darüber lag ein Heu- und Futterboden. Die größere Haushälfte diente dem Wohnen. Wie der Stall hatte sie einen gesonderten Eingang von außen. Im Erdgeschoss waren die Küche und Wohnräume. Weiteren Wohnraum gab es im Obergeschoss, außerdem eine Räucherkammer und einen Dachboden. Der Wohnbereich ist komplett unterkellert; hier befanden sich u.a. die Backstube und die Waschküche.

Förster Schlegel war der erste Amtsträger im neuen Forsthaus. Er hatte das Gebäude mitgeplant und dabei modern gedacht: So genossen die Bewohnerinnen und Bewohner fließend Wasser, das vom Brunnen ins Haus geleitet wurde, und hatten Tageslicht in allen Wohnräumen. Hausplaner Schlegel verließ seinen Posten jedoch schon nach zwei Jahren. Es folgten Förster Christian Josef Schnettler mit Frau, nach und nach vier Kinder. Nicht von allen Bewohnern sind die Familienverhältnisse so genau überliefert. Gerade viele Angestellte oder Untermieter bleiben für uns namenlos. 1970 schloss Jürgen Seckelmann als letzter und kommissarischer Förster die Tür. Danach brach eine neue Ära an: Bärbel und Peter Michels ersteigerten das Haus – sie waren da erst 23 und 24 Jahre alt. Seitdem wohnen sie hier, haben das Gebäude renoviert und die historische Außenanlage erhalten. Inzwischen steht der Komplex unter Denkmalschutz und wurde in eine Stiftung überführt.

Vertelleken

Aus dem Nähkästchen geplaudert...

 

"Die neue Forstordnung des 19. Jahrhunderts brachte für die Bevölkerung ungeahnte Probleme. Vorher bediente man sich einfach im Wald, wenn man etwas brauchte. Das sah die Verwaltung nun kritisch: Die Bäume sollten möglichst ungestört wachsen, um gerade, lange Stämme zu erhalten. Keine Weidetiere sollten daran knabbern, kein Bauer Holz für eigene Bauwerke schneiden. Die Förster verfolgten diese Vergehen – und oft waren es Kinder, die eine Strafe bekamen. Ihre Eltern schickten sie in den Wald, um Einstreu für die Ställe zu sammeln. Wurden sie erwischt, bekamen sie den Eintrag „verurtheilt“ in die Akte und mussten ein Bußgeld zahlen. Förster Schlegel hat es säuberlich aufgeschrieben: 2 Pfennig für Laubsammeln, 15 Pfennig für Moos, 5 Pfennig für Gras rupfen. Besonders schlimm war sicherlich, dass der Förster auch das Werkzeug „confiszierte“: Die wertvolle Sichel, das Beil oder der Rechen waren nach so einem Ausflug ebenfalls weg."

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